Eine kleine Jagdgeschichte - Büffel

Es ist 5.30 Uhr morgens. Ich stehe in der Dusche meines sehr luxuriös ausgestatteten Cottages. Meine Beine schmerzen vor Muskelkater bei jeder Bewegung. Der 9te Tag ist angebrochen und wir sind in den letzten 8 Tagen gute 100 Stunden auf der Jagd, darin etliche Pirschgänge, die jeden Muskel in meinen Beinen beansprucht haben.

Aber der Reihe nach...

Schon vor 21 Jahren, als ich meinen Jagdschein gemacht habe, trieben mich die Abenteuer von Ruark und Hemingway ins ferne Afrika zu den "Big Five" und ganz besonders zu den Büffeln. Mit Erlangen meines Jagdscheines und den ersten Jagden wurde ich aber schnell Gegner der Trophäenjagd und mein Büffelinteresse rückte in den Hintergrund.

Als dann ein guter Jagdfreund sehr unerwartet verstarb, wurde mir klar, dass die Zeit, die uns bleibt, begrenzt ist, und auch, dass unser Körper uns schnell einen Strich durch die Rechnung machen kann. Es mag sich kitschig anhören, aber es war für mich ein echter Weckruf meine jagdlichen Träume anzupacken. Also fing ich an, nach einem Anbieter zu suchen, der eine nachhaltige und jagdethische Büffeljagd anbietet.

Diese Punkte hören sich sehr einfach an, sind aber in der Realität recht schwer zu finden. Nach langer Suche wurde ich jedoch fündig. Etwa 150 km nordöstlich von Port Elizabeth in Süd-Afrika gibt es ein über 200 km² großes Jagd & Wildlife Estate; "Fort Governor's", das einer deutschen Unternehmerin gehört und von einem sehr erfahrenen afrikanischen Paar geleitet wird. Die Jagdansätze entsprechen der deutschen Jagd. Schüsse vom Fahrzeug sind z.B. streng verboten und es wird versucht sowohl dem Naturschutz als auch den lokalen Gegebenheiten gerecht zu werden. Also buchte ich meine Jagd.

Ich flog mit sehr gemischten Gefühlen nach Port Elizabeth, nicht wirklich sicher, ob eine Jagd dier Art wirklich etwas für mich ist. Der Flug war einfach, da ich die Büchse und das Glas vor Ort gemietet hatte und nur mit leichtem Gepäck flog.

Sean, der PH (Professional Hunter) des Estates, holte mich vom Flughafen ab. Auf der 2 Stündigen Rückfahrt inkl. Kaffee konnten wir uns schon mal beschnuppern. Was mir zu diesem Zeitpunkt nicht so klar war, war dass wir in den nächsten 10 Tagen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, jede freie Minute auf der Suche nach einem alten "Eastern Cape Mountain Buffalo" zusammen verbringen würden. 

Nach der Ankunft legte ich meinen Koffer in die Küche meines Cottages, klappte Ihn auf und war praktisch fertig, da ich eine Jagdgarnitur schon während des Fluges anhatte. Zum einen sind meine Jagdklamotten sehr bequem und zum andern wollte ich keinen zu großen Stress haben, falls mein Koffer nicht pünktlich mit mir in Port Elizabeth ankommt. Ich verbrachte also den Nachmittag entspannt mit einem Bier in der Hand und dem Chefkoch beim Grillen zuschauend, an der Hauptlodge. 

Am nächsten Morgen, dem ersten Jagdtag, ging es um 8 Uhr zum Schießplatz. Gejagt werden darf nur, wenn man mit der Waffe sicher und vor allem zielgenau schießt. Dies gilt bei einer Jagd auf Büffel umso mehr, da hier ein Fehlen bzw. das Anschweißen schwerwiegende Folgen haben kann. Ich schoss zuerst mit einer Doppelbüchse im Klaiber 375 H&H. Alle 4 Schüsse lagen auf der Scheibe und in einem der Doppelbüchse vertretbaren Streukreis. Danach schoss ich eine Heym Express in 416 Rigby. Beide Schusslöcher überschnitten sich leicht links der Mitte und ich empfand die Büchse als äußerst angenehm zu schießen. Somit war die Entscheidung für die 416 Rigby gefallen. Da ich die Jagd so ursprünglich wie möglich erleben wollte, entschloss ich mich nur mit dem weißen 4mm Korn über Kimme und Korn zu jagen. Dies reduzierte die Schussentfernung allerdings auf effektive 50-80 m.

Alles war vorbereitet und ich war voller Aufregung was auf mich zukommen würde. Also fuhren Sean und ich nach dem Mittagessen, mit dem Geländewagen auf meine erste Pirsch in Afrika. 

Das bergige Gelände teilt sich hauptsächlich in 2 Kategorien auf. Die erste findet sich an den höheren Berghängen bzw. weiten Tälern und ist steppenartig mit einzelnen Wald- und Buschinseln. Hier finden sich die meisten Antilopenarten wieder und auch die Büffelherden ziehen hier mit den Kälbern grasend umher. Anders als bei den Büffeln in den großen Steppen z.B. in Namibia sind die Herden hier nicht mehrere hundert Tiere stark, sondern haben ca. 20-30 Gruppenmitglieder und werden von einer Leitkuh geführt. Häufig ziehen in gebührendem Abstand kleinere Jungbullengruppen aber auch kapitale Bullen diesen Familiengruppen hinterher. Sobald ein Bulle nicht mehr stark genug ist, um sich mit den jüngeren zu messen, wird er meist zum Einzelgänger. 

Diese Einzelgänger sind meistens über 10 Jahre alt und wechseln häufig in die 2. Kategorie, den Dickbusch. Der Dickbusch besteht aus zahlreichen dornigen Gewächsen, die einen ca. 2-3m hohen absolut dichten Busch erzeugen. der Jäger bewegt sich hier auf den gleichen Wechseln wie die Tiere. Eine Jagd im Dickbusch ist deutlich anspruchsvoller, da man hier nicht ausweichen kann und das Gelände sehr unübersichtlich ist. Hier wird nur zu zweit, bei gutem Vertrauen in den Jäger und nicht in Gruppen gejagt.

Da in Afrika die Dämmerungsphasen sehr kurz sind (15-20min), entschlossen wir uns am folgenden Tag sowie allen anderen Tagen schon im Dunkeln, um 5.30 Uhr loszufahren, um bei Sonnenaufgang an den Berghängen nach Bewegung zu suchen.

Am 2. Tag machten wir direkt im Morgengrauen einige Warzenschweinkeiler in einem der offenen Landschaftsflecken aus. Wir entschlossen uns eine Pirsch zu versuchen. Als wir von Buschinsel zu Buschinsel pirschten, stoppte Sean plötzlich und tippte mir fast unmerklich auf die linke Schulter. Als ich meinen Kopf zur Seite wendete, konnte ich es kaum glauben. Ca. 90 m links von uns trottete langsam grasend ein uralter Keiler um den Busch. Wir zogen uns vorsichtig wieder in die Deckung zurück und machten einen Plan, wie wir uns, Ihm nähern konnten. Wir umgingen ihn weiträumig, sodass wir guten Wind hatten. Am Ende der einstündigen Pirsch lag ein ca. 11 Jahre alter Keiler vor uns. Er hatte körperlich schon etwas zurückgesetzt, aber sein Hauer waren enorm.

Nach diesem Erfolg begannen die folgenden Tage für mich in Euphorie über das, was noch vor mir lag. Dieses Hochgefühl flaute allerdings immer mehr ab, als wir zwar zahlreiche Büffel und viele Antilopenarten erspähten, aber keinen der gesuchten alten Büffelbullen.

Die Tage begannen nach immer demselben Muster abzulaufen. Wenn wir einen vielversprechenden Punkt am Horizont oder eine frische Spur ausgemacht hatten, fuhren wir mit dem Wagen so nah wie möglich heran und begannen dann die mühsame Pirsch. Da man nie weiß, ob man für 30 min. loszieht oder für Stunden, ist ein "Camelbag" mit ausreichend Wasser auf dem Rücken ein Muss für die Jagd.

So verstrichen die Tage wie im Flug.

...Es ist 5.30 Uhr morgens. Ich stehe in der Dusche meines sehr luxuriös ausgestatteten Cottages. Meine Beine schmerzen vor Muskelkater bei jeder Bewegung. Der 9te Tag ist angebrochen und wir sind in den letzten 8 Tagen gute 100 Stunden auf der Jagd, darin etliche Pirschgänge, die jeden Muskel in meinen Beinen beansprucht haben.

Ich komme aus der Dusche. Das staubige Jagdzeug liegt wie immer fertig auf der Couch. Ich prüfe den Sitz der Ersatzmunition am Gürtel; 5 Schuss: 2 Soft, 3 Solids. Alles gut, wie immer! Ich fülle mein Camelbag mit frischem Wasser auf und sehe die Lichter des Toyotas den Weg hochkommen. Ich greife mir den Rest der Ausrüstung und bin auf dem Weg zum Wagen.

Als ich die Türe aufmache, steht wie immer der Kaffee im Becherhalter und Sean begrüßt mich mit seinem breiten Grinsen. Wir sind inzwischen gute Freunde geworden und uns beiden machen die Tage im Busch viel Spaß.

Wir fahren los.

Die Fenster sind unten und wir leuchten mit dem Scheinwerfer die Gegend ab, immer auf der Suche nach den Lichtern des einen Büffel. Bis jetzt ohne jeden Erfolg. Nach einer kurzen Pause, um den Sonnenaufgang zu genießen, fahren wir direkt in eine bergige Gegend mit Dickbusch soweit das Auge reicht. Einige Tage vorher hatten wir einen alten Bullen in der Mittagszeit im Gegenhang entdeckt.

Wir nahmen seine Fährte auf und pirschten ihm über eine Stunde durch eine kleine Schlucht nach. Aber irgendwie muss der alte Haudegen etwas mitbekommen haben. Wir konnten deutlich in der Fährte sehen, dass seine Hufe nicht mehr sauber ineinander traten, sondern etwa 2 cm versetzt. Er hatte also aus irgendeinem Grund sein Tempo beschleunigt. Wir folgten den Spuren weiter. Leider erkannten wir bald, dass er einen weiten Kreisbogen beschritt, um in unseren Wind zu kommen. Wir konnten aufgeben, für uns gab es keine Chance mehr, an den Bullen heran zu kommen.

Sean's Kommentar: "That's the reason they are old"!

Die alten Bullen sind unwahrscheinlich clever, kennen die Umgebung wie ihre Westentasche und sind trotz ihres Alters voller Energie. Es gibt einfach keine Garantie, so einen Bullen zu erlegen, schon gar nicht, wenn man es fair auf max. 50 m versucht. Dafür ist die Jagd jeden Moment unbeschreiblich schön und intensiv.

Der Morgen verging wie immer viel zu schnell und bis zum Mittagsessen hatten wir etliche Spuren kontrolliert, waren diesen einige Male auch gefolgt, aber ohne die Spur eines großen Bullen zu entdecken.

Beim Mittagessen sah ich Sean an, dass er etwas ansprechen wollte. Mir erging es ähnlich. Daher ergriff ich die Initiative und erklärte ihm mein Wunschvorgehen für den letzten Jagdtag. Für mich war absolut klar, dass wir nur noch heute jagen würden, da morgen keine Zeit für eine etwaige Nachsuche zur Verfügung stand. Am übernächsten Tag würde ich schon um 8.00 Uhr morgens zum Flughafen fahren müssen. Außerdem war es für mich undenkbar, einen der starken Jungbullen, aus einer der Bullengruppen zu schießen. Dafür war ich nicht nach Afrika gekommen. Innerlich plante ich also schon meinen zweiten Anlauf im nächsten Jahr.

Als wir so plauderten, sah ich wie in Sean eine große Anspannung abfiel und er sichtlich entspannte. In der Folge erzählte er mir, dass er mir das gleiche vorschlagen wollte und seit geraumer Zeit nachdachte, wie er mir diesen Umstand wohl beibringen sollte. Wir tranken beide unseren Kaffee, froh darüber, dass wir die gleichen Ansichten hatten und die letzten jagdlichen Stunden entspannt und ohne Druck genießen konnten.

Nach der Mittagspause packten wir unseren Kram in den Truck und machten uns wieder auf die Suche nach Spuren. Wenige Kilometer von einem Wasserloch entfernt, mitten in einem kleinen Tal, entdeckte Sean eine starke Bullenspur, die frisch nach dem Morgengrauen entstanden war, also maximal 5 Stunden alt sein konnte. Wir überlegten unsere Optionen und entschieden dann, kurz vor der Dämmerung, um 17 Uhr noch mal zurück zu kommen.

Der Nachmittag verlief ohne weitere Spuren oder Büffel erspäht zu haben und wir machten uns um 16 Uhr wieder auf den Weg in das Gebiet mit den Bullenspuren vom Morgen. Nahe einer offenen Fläche im Dickbusch, die ca. 50 m x 50 m abmaß und durch die viele Wechsel gingen setzen wir uns in gutem Wind hinter einen kleinen Busch auf den Boden und warteten. Der Platz war durch eine natürliche Stufe im Hang etwas erhoben und bot eine gute Sicht in die kleine Freifläche. Dafür war die Sicht in den umliegenden Busch sehr eingeschränkt.

Schon nach kurzer Wartezeit zogen vier Kudukühe durch die Fläche. Sie bemerkten uns nicht, blieben allerdings auch nicht stehen und waren nach wenigen Sekunden wieder im Dickbusch verschwunden. Danach blieb es erst einmal ruhig. Als ich leichte Geräusche neben mir hört und mich umdrehte, sah ich, dass Sean ein Nickerchen machte. Mein Jagdkamerad schien nicht besonders hoffnungsvoll zu sein.

Der Himmel färbte sich schon leicht lila als wir ein Knacken vernahmen. Sean war sofort hell wach, und auch ich lauschte angestrengt in die Dämmerung. Während Sean das Glas in der Hand hielt, schob ich unmerklich die Rigby weiter nach vorne und entsicherte die Waffe, nicht wissend, was da direkt vor uns rechts im Busch passierte. Für den Fall eines Anblickes hatten wir ein paar einfach Tippzeichen ausgemacht, um nicht miteinander sprechen zu müssen und so evtl. eine vorschnelle Flucht zu provozieren. Ich sah nichts, als Sean mir das Tippzeichen für "Schuss" auf den linken Arm gab.

Im gleichen Moment tauchte ein Büffelhaupt in meinem Sichtbereich auf. Der Büffel, von dem ich nicht viel erkennen konnte, zog immer weiter in meinen Sichtbereich und als er, mit dem Blatt frei und breit vor mir stand, backte ich an, zielte und schoss. Der Bulle knickte hinten ein und fiel auf die rechte Seite den Bauch uns zugewandt. In dieser Zeit hatte ich schon durchrepetiert und schoss ein zweites Mal durch das Brustbein und in Folge durch die Wirbelsäule. Beide Schüsse waren sofort tödlich.

Da wir nicht wussten ob weitere Büffel in der Nähe waren und verhindern wollten, dass wir eventuell einen weiteren Büffel in Notwehr erlegen mussten, rannten wir Richtung Truck. Erst als wir an diesem ankamen beruhigte sich unser Puls etwas und wir hatten Zeit das Geschehene zu besprechen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir seit Stunden kein Wort miteinander gewechselt. Das Ganze ging so schnell, dass ich nicht sicher war, auf was ich überhaupt geschossen hatte. Bei der Einschätzung hatte ich mich zu 100% auf Sean verlassen. Zur erfolgreichen Schussabgabe wäre auch kein anderes Vorgehen möglich gewesen. Echte Teamarbeit!

Wir warteten noch weitere 30 min im Truck und machten uns dann auf den Weg zum Anschuss. Im Schein der starken Taschenlampen, es war inzwischen stockdunkel, lag der Bulle an der Stelle, an der ich ihn beschossen hatte. Erst jetzt konnten wir sehen wie alt und groß dieses Tier wirklich war. Der Eastern Cape Mountain Buffalo war um die 12 Jahre alt und etwas unter einer Tonne schwer. 

Da die Büffel in den kargen Hängen wenig Nahrung finden und daher in viel kleineren Gruppen umherziehen, kommt es nicht so häufig zu Kämpfen zwischen den Bullen. Daher können auch alte Bullen noch aufstehende Hornspitzen haben. 

Die Zeit vor Ort war ein unbeschreibliches Erlebnis und hat mir eine Jagd nahegebracht, die ich mit Vorurteilen für mich ad acta gelegt hatte. Ich kann nur jedem interessierten empfehlen, sich selbst ein Bild vor Ort zu machen und dann zu entscheiden, ob man diese Form der Jagd unterstützen möchte oder nicht. Mich hat das Afrikavirus gepackt und ich habe inzwischen viele weitere und schöne Jagdtage auf diesem Kontinent verbracht.

Das gesamte Wildbret wurde geborgen und verwertet. Nach dem Bild haben wir, zu zweit, noch gute 4 Stunden geschuftet, um den Büffel auf die Ladefläche des Toyotas zu bekommen.

Ein Ratschlag am Ende.

Wenn man die Jagd wirklich genießen möchte, sollte man sich Zeit nehmen und auch damit leben können evtl. noch ein zweites oder drittes Mal anzureisen, um am Ende den Büffel oder Elefanten zu strecken, den man sich erwünscht hat. Der leitenden Berufsjäger wird immer sein Bestes geben, die Jagd erfolgreich zu beenden. Aber es ist ein weites Land und eine Garantie gibt es bei der Jagd nicht. 

Wichtig ist auch, die Wünsche und das Vorgehen klar mit dem Berufsjäger zu besprechen. Dieser kennt sein Gelände und die reellen Chancen.